Das Foto als Waffe

Zwolle zeigt Werke des Berliner Medienkünstlers JOHN HEARTFIELD
John Heartfield, Use Photo as a Weapon!, 1929 © The Heartfield Community of Heirs / VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Akademie der Künste, Berlin

Vom 13. Februar bis 22. August 2021 zeigt das niederländische Museum de Fundatie eine große Werkschau des Berliner Künstlers John Heartfield (1891-1968). Seine kräftige Bildsprache im Verbund mit dem von ihm genutzten Forum machte ihn zu einem ,Influencer avant la lettre’. Mit Fotocollagen wollte Heartfield die breite Öffentlichkeit gegen Faschismus und Krieg mobilisieren. 

John Heartfield, als Helmut Herzfelde im Jahr 1891 in Berlin geboren, war ein Pionier an der Schnittstelle zwischen Kunst und Medien. Gemeinsam mit George Grosz gründete er den Berliner Dadaismus. Die durch den Ersten Weltkrieg herbeigeführte Tabula rasa und der moralische Bankrott Europas fanden Ausdruck im Anarchismus des Dada, wobei der Berliner Zweig dieser gesamteuropäischen Bewegung schon bald den Kommunismus umarmte. Die künstlerische Zusammenarbeit mit Grosz führte im Jahr 1916 zur Entwicklung der politischen Fotomontage, deren Erfindung sie für sich beanspruchten: Fragmente von Fotos werden so zusammengefügt, dass eine neue Aussage entsteht. Anfangs ein typisches Verfahren des Dada, das darauf abzielte, zu schockieren und zu provozieren, wurde die Montage von Heartfield in den 1920er-Jahren zu einem höchst wirksamen Propagandamittel weiterentwickelt: Die Schere diente ihm als Waffe im Klassenkampf. Zu Heartfields besten und wirksamsten Schöpfungen gehörten die Fotocollagen, die ab 1930 in der Arbeiter Illustrierte Zeitung (AIZ) veröffentlicht wurden. Sie machten der allgegenwärtigen bürgerlichen und seit 1933 auch nationalsozialistischen Presse Konkurrenz und erreichten, gedruckt als Titelblätter der AIZ, ein Millionenpublikum. 

Die Ausstellung zeigt Werke aus Heartfields gesamtem Œuvre: angefangen vom Buchumschlag und politischer Werbung über Bühnenbild und Fotografie bis zum Zeichentrickfilm. Manche Objekte erfahren hier eine Premiere, wie u. a. Drucksachen, Zeichnungen und Artefakte aus Ostasien, die Heartfield als Inspirationsquelle dienten. 

Die mit "John Heartfield - Fotografie plus Dynamit" betitelte Schau ist in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste in Berlin entstanden. Thematisch fügt sich sie sich ein in die Ausstellungsreihe des Museum de Fundatie zur Zwischenkriegszeit und der DDR. "Tanz auf dem Vulkan – Kunst und Leben in der Weimarer Republik" (2013) ist hier ebenso zu nennen wie Retrospektiven der Maler Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer (2017), die neben Bernhard Heisig Gründer der Leipziger Schule waren. Einen vorläufig letzten Höhepunkt in dieser Richtung bot die Schau des sächsischen Künstlers Neo Rauch 2018.  

Auch die eigene hochkarätige Sammlung, die auf der Privatsammlung von Museumsgründer Dirk Hannema (1895-1984), dem früheren Direktor des Museums Bojmans van Beuningen in Rotterdam, beruht, lohnt den Besuch. Sie reicht vom späten Mittelalter über William Turner, Paul Degas, Piet Mondrian und Marc Chagall bis hin zu Francis Picabia oder Jan Fabre. Das Fundatie befindet sich im ehemaligen Justizpalast der Stadt. Das neoklassizistische Gebäude wurde zwischen 2010 und 2013 von dem niederländischen Architekten Huber-Jan Henket umgebaut. Seitdem thront auf dem Dach des Gebäudes ein Aufbau, der an einen gelandeten Zeppelin erinnert. Ein attraktives Ziel nahe der deutschen Grenze, das Kunstliebhaber wie Freunde moderner Architektur gleichermaßen anzieht.

 

Wie es euch gefällt: Das Ei des Kolumbus oder ist hier etwa Graf Zeppelin gelandet? Das Museum de Fundatie, nach dem Umbau durch BiermanHenket, Foto: Cornelia Ganitta

Die Ausstellung "John Heartfield - Fotografie plus Dynamit" läuft vom 13.2. bis 30.5.2021. Verlängert bis 22. August! Adresse: Museum de Fundatie, Blijmarkt 20, 8011 NE Zwolle. Internet: https://bit.ly/3v1clYj

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