Von Angesicht zu Angesicht in der Villa Mondriaan

Das Museum setzt auf „visuelle Konfrontation“ in der Ausstellung FACE OFF
Piet Mondriaan: Elisabeth Bergman-Cavalini. 1901

In der aktuellen Schau des nahe der deutschen Grenze gelegenen Museums Villa Mondriaan in Winterswijk hängen die Porträts von Meistern der Vergangenheit solchen der heutigen Zeit direkt gegenüber. Auf der einen Seite hängen die stattlichen Gemälde von Piet Mondriaan, u. a. jenes Portrait von Königin Wilhelmina aus dem Jahr 1896. Auf der anderen Seite sind Porträts von zeitgenössischen Künstlern wie Sam Drukker, Philip Akkerman und Koos Breukel zu sehen. Experimentell, abstrakt, dokumentarisch oder klassisch: mit unterschiedlichen Stilmitteln geben sie ihre eigene Sicht auf den Porträtierten wieder. Ein kulturelles Face Off, das den Dialog ermöglicht, der weiter reicht als die Entwicklung der Porträtkunst.

Piet Mondriaan, Königin Wilhelmina, als Kind um 1898
Koos Breukel: Ihre Majestät Königin Maxima, 2013

Durch den Vergleich des Porträts von Maxima (die als Königin 2018 im Übrigen auch von "Hoffotograf" Erwin Olaf abgelichtet wurde) mit dem von Königin Wilhelmina keimen Fragen auf über die jeweiligen Botschaften, die die unterschiedlichen Bilder bezwecken. Jeder Künstler erzählt mit seinem Porträt eine Geschichte. Dadurch, dass die Portraits in einen Dialog miteinander treten, ergibt sich wieder eine neue Geschichte. Auf den ersten Blick scheinen die Portraits „Klein Jantje“ von Mondriaan und „Casper“ von Koos Breukel nichts miteinander gemein zu haben, schaut man aber länger hin, entdeckt man, dass beide das Motiv des Erwachsenwerdens beinhalten. Die Ausstellung sorgt so für eine Balance zwischen den persönlichen Geschichten der Künstler und Porträtierten einerseits und dem zeitgemäßen Blick des Betrachters andererseits.

Auftragsmalerei

Um das Jahr 1900, als Mondriaan den größten Teil seiner Porträts malte, musste das Porträt vor allen ein getreues Bild des Models abgeben. Wie viele Kollegen seiner Zeit übernahm Mondriaan, der nicht per se eine Vorliebe für dieses Genre hatte, immer wieder Aufträge innerhalb der Portrait-Malerei, da diese zum Lebensunterhalt beitrugen. So malte er unter anderem zwei Porträts der Hulshoff-Pol-Jungen, die er in einem Zeichenkurs kennengelernt hatte. Die blonden Brüder sind vor einem schwarzen, flachen Hintergrund gemalt, wodurch ihre Gesichter sehr deutlich hervortreten.

Auch das Porträt von Admiral de Ruyter de Wildt aus der Familie des berühmten Seehelden Michiel de Ruyter, entstammt der Pinselführung Mondriaans. De Ruyter de Wildt hatte sich ohne Orden porträtieren lassen. Einige Jahre später jedoch wurde der militärische Wilhelms-Orden der Brust des Admirals hinzugefügt, eine aus heutiger Sicht unvorstellbare Änderung eines Mondriaan-Werkes. Ironie des Schicksals: der nachträglich hinzugefügte Orden war dem Original überhaupt nicht ähnlich.

Portraits von Zeitgenossen

Die zeitgenössischen Künstler brauchen sich nicht mehr den Sehgewohnheiten und Malweisen des 19. Jahrhunderts anzupassen. Wouter van Riessen zaubert auf einfache Weise mit zwei Augen und einem Mund aus einer Uhr ein Gesicht. Eine schier grenzenlose Kreativität zeigt sich auch in dem sich ständig entwickelnden Stil Philip Akkermans. Seine Selbstportraits sind aus einer sich stets ändernden Perspektive entstanden.

 

Maayke Schuitema: Michelle Obama, 2018
Sam Drukker: Jan Cremer (Schriftsteller und Maler), 2014

Black Power in der Kunst

Auch den zeitgenössischen Künstlern dienen bekannte Persönlichkeiten oft als Quelle der Inspiration. So fertigte Maayke Schuitema einen kraftvollen Linolschnitt von Michelle Obama an, nachdem sie deren kurz zuvor erschienene Autobiografie gelesen hatte. „James Brown ist tot” wiederum ist der Titel eines Bildes von Iris Kensmill, die aktuell gemeinsam mit Remy Jungerman den niederländischen Pavillon auf der Biennale in Venedig bespielt und mit ihren Portraits von Farbigen all jenen huldigt, die zur Emanzipation dunkelhäutiger Menschen beigetragen haben.

FACE OFF: Mondriaan vs. hedendaagse kunstenaars (Mondriaan vs. zeitgenössische Künstler), bis 22.9.19, Museum Villa Mondriaan, Zonnebrink 4, NL-7101 NC Winterswijk