Von der Amstel an die Spree

Hetty Berg wird Direktorin am Jüdischen Museum in Berlin
Hetty Berg ist ab dem 1. April die neue Direktorin des JMB, Foto: Yves Sucksdorff

Die Amsterdamer Kuratorin und Kulturmanagerin Hetty Berg wechselt zum 1. April an die Spree. In Berlin wird sie als neue Leiterin des Jüdischen Museums die Nachfolge von Peter Schäfer antreten. Schäfer war im Juni 2019 nach heftiger Kritik an einem Tweet des Museums zur umstrittenen israelkritischen Bewegung BDS zurückgegetreten. Die daraufhin eingesetzte Findungskommission hat sich einstimmig für Hetty Berg ausgesprochen. Begünstigend hierfür war sicherlich auch der Fakt, dass Hetty Berg selber Jüdin ist. Als Direktorin wird Hetty Berg nicht nur den Programmbereich verantworten, sondern auch die vor sieben Jahren eröffnete und unter Schäfer in die Kritik geratene Akademie leiten.

Von 1989 an war Berg als Kuratorin und Kulturhistorikerin am Jüdischen Historischen Museum in Amsterdam tätig. Seit 2002 arbeitet die 58-jährige studierte Theaterwissenschaftlerin als Chefkuratorin und Museumsmanagerin des Jüdischen Kulturviertels in Amsterdam. Neben dem Jüdischen Historischen Museum gehören außerdem die Portugiesische Synagoge, das Nationale Holocaust-Museum, das Kindermuseum und die Gedenkstätte Hollandsche Schouwburg dazu, ein ehemaliges Theater, das die Nationalsozialisten zum Sammelplatz für Deportationen umfunktioniert wurde. Mit dem Jüdischen Kulturquartier gelang es ihr, das Museum nach außen zu öffnen. Als Holländerin sind ihr die flachen Hierarchien, die schnellen Kommunikationswege in die Wiege gelegt. Berg, seit Langem im Vorstand der Association of Jewish European Museums, gilt außerdem als begnadete Netzwerkerin. Auch am Berliner Haus ist sie keine Unbekannte. 2010 gehörte sie zu den Kuratoren von „Helden, Freaks, Superrabbis“, einer Gemeinschaftsausstellung mit Amsterdam und dem Jüdischen Museum in Paris, die in allen drei Hauptstädten Station machte.

Zu den jüngsten Berufungen holländischer Direktoren zählen neben Berg Nanette Snoep, die ans Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum wechselte sowie Leontine Meijer-van Mensch von den Ethnografischen Sammlungen Sachsens, zu denen das Leipziger Grassi-Museum sowie die Dresdner und Herrnhuter Völkerkundemuseen gehören.

Mammutaufgabe Berlin

Trotz ihrer mehr als 30-jährigen Erfahrung wartet auf Hetty Berg eine große Herausforderung. Das Jüdische Museum in Berlin ist nicht nur qua Mitarbeitern (120) das größte seiner Art in Europa. Ein immenser Zick-Zack-Bau aus Titanzink, unterirdischen Achsen, schiefen Wänden und unklimatisierten Betonschächten: Mit seinem Entwurf Between the Lines wollte der US-amerikanische Architekt Daniel Libeskind nicht einfach ein Museumsgebäude gestalten, sondern deutsch-jüdische Geschichte erzählen. Noch vor der Eröffnung des Jüdischen Museums Berlin im Herbst 2001 besichtigten knapp 350.000 Menschen den leeren Museumsbau, der immer noch zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland fasziniert. Heute befindet sich im Libeskind-Bau auf 3500 Quadratmetern die Dauerausstellung, die nach ihrem Umbau am 17. Mai wiedereröffnet wird. Das Gebäude lässt viele Interpretationen zu: Manche erinnert es an einen zerbrochenen Davidstern, andere an einen Blitz; bei vielen hinterlässt es ein Gefühl der Verunsicherung oder Desorientierung. Weiteres hierzu unter: https://www.jmberlin.de/libeskind-bau

Infos zum Jüdischen Quartier in Amsterdam unter: https://jck.nl/nl/page/judisches-kulturelles-viertel

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