Der mathematische Künstler

ARTE zeigt spannende Doku über den Niederländer M.C. Escher
Eine von Eschers berühmten Metamorphosen: Aus Feldparzellen werden fliegende Gänse - einzigartig!

Ein besonderes Seherlebnis bieten die rätselhaft-magischen Welten von Maurits Cornelis Escher (1898–1972), dem bedeutendsten niederländischen Grafiker des 20. Jahrhunderts. Jetzt sind seine Treppen, die zugleich aufsteigen und hinabgehen und seine Vögel, die sich in Fische und wieder in Vögel verwandeln Thema einer aufregenden Dokumentation auf ARTE. Das Besondere: M.C. Escher selbst kommentiert darin sein Leben und Werk. Daneben vermitteln unter anderem seine Söhne Einblicke in Privates. Drei D-Animationen zeigen, wie Escher seinen Grafiken Flügel verlieh und wie sich sein Denk- und Arbeitsprozess nach und nach entwickelte.

Die Bilderfindungen des Künstlers, der sich selbst eher als Mathematiker sah, wurden in den 1970er Jahren zu populären Ikonen der modernen grafischen Kunst und gingen in das kollektive Bildgedächtnis ein. Eschers präzise und detailreich gearbeiteten Holzschnitte, Lithografien, Mezzotinten (Schabtechnik) sowie Zeichnungen stellen die Ordnung der Dinge in Frage, schaffen multiperspektivische Räume, spielen mit unserer Wahrnehmung: Hände, die durch den Akt des gegenseitigen Zeichnens existieren und aus der Flächigkeit der Zeichnung plastisch herauswachsen; Wasser, das sich der Schwerkraft entzieht; Menschen, die in einem ewigen Kreislauf Treppen hinauf- und hinabschreiten.

M.C. Escher (1898 bis 1972), Alle Fotos: © 2020 The M.C. Escher Company, Niederlande. Alle Rechte vorbehalten. www.mcescher.com

Begeisterung für geometrische Formen

Escher brach sein Architekturstudium zugunsten einer grafischen Ausbildung ab und verband seine Faszination für räumliche Experimente fortan mit der Perfektionierung seiner grafischen Techniken. Lange bevor die ersten am Computer hergestellten 3D-Bilder ihre Betrachter in ihren Bann zogen, war Escher ein Meister der dritten Dimension. Bei einem Besuch in der Alhambra in Granada (Spanien) entwickelte er eine lebenslange Begeisterung für islamische Kunst und deren abstrakte geometrische Formen. Mit seinem Umzug nach Rom im Jahr 1924 widmete sich Escher italienischen Landschaften, die er in extremen Perspektiven darstellte. Sie lassen seine unmöglichen Architekturen vorausahnen und veranschaulichen den Einfluss japanischer Holzschnitte. In den späten 1930er Jahren entstehen die ersten Metamorphosen von Kachelstrukturen zu anderen Formen und Lebewesen.

Eschers Rückkehr in die Niederlande während des Zweiten Weltkriegs beeinflusst sein Schaffen grundlegend. Statt aus Naturbetrachtungen zieht er seine Inspiration nun vermehrt aus mathematisch-logischen Überlegungen und entwickelt optische Illusionenen und unmögliche Welten, die physikalische Gesetze außer Kraft setzen. Obwohl sich Escher keiner künstlerischen Strömung zuordnen lässt, sind seine thematischen Parallelen zum Surrealismus überraschend: die Auflösung vermeintlich logischer Gewissheiten, das collagehafte Zusammenbringen entgegengesetzter Orte und Objekte, Metamorphosen und die Verbindung von Vernunft und Traum.

Bis zum 25. April ist M.C. Escher - Reise in die Unendlichkeit noch zu sehen. In der ARTE-Filmbeschreibung heißt es: „Ich fürchte, es gibt nur eine Person, die einen guten Film über meine Drucke machen kann: ich selbst“ (Escher, 1969 in einem Brief an einen Sammler). Die Warnung des genialen Künstlers macht der preisgekrönte niederländische Dokumentarfilmer Robin Lutz zum Konzept und lässt in seinem Biopic von 2018 das Leben der Kunst-Ikone mit dessen eigenen Worten erzählen: Briefe und Notizen schildern aus erster Hand, wie der Maestro tickte. Woher er die Ideen nahm. Wie er scheiterte und triumphierte. Bisweilen werden die berühmten Bilder kongenial mit Animation zum Leben erweckt und steigern das Staunen. Als gelungener „Spezialeffekt“ der deutschen Version, erweist sich die prägnante Erzählstimme von Matthias Brandt

Der Künstler bei der Arbeit

AUSSTELLUNGSTIPP!

Im Museum "Escher im Palast" (seit 2002 in der Altstadt von Den Haag) hängen fantastische Drucke des berühmten Niederländers. Bevor das Haus zu einem Museum umfunktioniert wurde, diente es als Winterpalast von Emma (Ehefrau von Wilhelm III. Königin der Niederlande und Großherzogin von Luxemburg; geb. 2.8.1858 im Residenzschloss von Arolsen, gest. 20.3.1934 in Den Haag). Neben den bekannten Werken, hängt hier auch eine hellblaue Version des – in grau gehaltenen – Gemäldes "Tag und Nacht", die Escher für seinen ältesten Bruder angefertigt hat. Ein weiterer Höhepunkt der rund 150 Werke ist die sieben Meter lange Metamorphose III, ein rund aufgestellter Holzschnitt, der einem das Gefühl von Unendlichkeit verleiht. Italienische Landschaften, hölzerne Kugeln, Studien für Flachfüllungen sowie Fotos aus dem Familienalbum ergänzen die Dauerschau. Außerdem wird eine multimediale Reise durch die Welt Eschers (The Escher Experience) geboten.

Im Saal mit optischer Kunst, dreht sich alles um Sinnestäuschungen. Hier glaubt man, Bewegung zu erleben, die faktisch nicht da ist. Bei der kinetischen Installation  "Langenfelder Lichtwand für Escher im Palast" (2012) des deutschen Künstlers Otto Piene entsteht der Eindruck, durch bewegendes Licht mit dem Kunstwerk eins zu sein. "Escher in Het Paleis", Lange Voorhout 74, 2514 EH Den Haag, Internet: www.escherimpalast.com