"Das kann doch kein Motiv sein"

SIGMAR POLKE zu Gast im De Pont-Museum Tilburg
Sigmar Polke ohne Titel. Alle Fotos: Werner Baumann. Courtesy Kunstraum am Limes - Sammlung Zeitgenössischer Kunst, Hillscheid und Galerie Christian Lethert, Köln © The Estate of Sigmar Polke, Köln, c/o Pictoright Amsterdam 2021

Das Museum De Pont in Tilburg präsentiert diesen Sommer mehr als 200 Editionen von Sigmar Polke (*13.02.1941 in Oels, NIederschlesien; † 10.06.2010 in Köln) mit dem Titel Das kann doch kein Motiv sein. Die Schau bietet einen Einblick in das Werk des Kölner Künstlers und Freundes von Gerhard Richter über einen Zeitraum von vierzig Jahren. Sie umfasst Objekte, Fotografien, Fotokopien, Drucke, Collagen und Künstlerbücher.

Die Editionen nehmen einen integralen Stellenwert in seinem künstlerischen Schaffen ein. Sie beziehen sich direkt auf die Techniken, die Polke in seiner Malerei immer wieder anwendete. Axel Ciesielski (1944-2019), Sammler und Gründer des Kunstraums am Limes in Hillscheid, war es gelungen, im Lauf der Jahre sämtliche Auflagenwerke zusammenzutragen. Seine Kollektion ist nun zum ersten Mal in den Niederlanden zu sehen und bietet Einblick in die Arbeit eines Künstlers, dessen Atelier einem Labor glich, das Außenstehenden verschlossen blieb.

Sigmar Polkes Handschrift besteht, einem Kunstkritiker der New York Times zufolge, darin, dass er keine hat. Sein Werk entzieht sich jeglicher Kategorisierung. In den 1960er-Jahren begann er mit einer deutschen Variante der amerikanischen Pop-Art. Davon ausgehend entwickelte er sich zu einem provokativen und humoristischen Künstler, wobei ihm die Transformation und Reproduktion eines Bildes als wichtige Ausgangspunkte galten.

Die Gestaltung von Editionen und sein Interesse für grafische Techniken waren dabei von Anfang an relevant. Gut erkennbar ist dies an dem Punktraster, Polkes bekanntestem Stilmittel aus der fotografischen Reproduktionstechnik.

Sigmar Polke, Filmverführung 1998

Große Auflagen durch Offsetdruck

Polke bediente sich in seinen Auflagenwerken oft nicht der zu seiner Zeit in Kunstkreisen gebräuchlichen Siebdrucktechnik, sondern des billigen, industriellen Offsetdrucks, was große Auflagen ermöglichte. So wollte er die Kunstreproduktion entmystifizieren, den Kunstmarkt meiden und sein Werk einem großen Publikum zugänglich machen. Dabei begab er sich immer wieder erneut auf die Suche nach den Grenzen der Technik. In Fehldrucken sah er ungekannte Möglichkeiten. Nicht selten verlangte er mit seinen Materialwünschen Unmögliches, indem der zum Beispiel mit zu stark saugendem Samtpapier arbeitete, was seine Drucker zur Verzweiflung brachte. Auch durchscheinender Reprofilm, der sich nicht dazu eignete, Farbschichten aufzunehmen, hinderte den gelernten Glasmaler Polke nicht daran, dies auszuprobieren.
 

Die Idee, eine Auflage bestehe aus identischen Exemplaren, betrachtete Polke nicht als Norm. Durch wechselnde Farbschichten oder handbemalte Ergänzungen entstanden verschiedene Versionen aus ein und demselben Druck neben zahlreichen einmaligen Exemplaren. Grafik ermöglichte es ihm, wie bei einer Zeichnung, ungezwungen arbeiten zu können. Im Jahr 2000 beauftragte er die Herstellung eines Stempels, mit dem Polke seine Kunst besiegelte. Der Text „Das kann doch kein Motiv sein“ erinnert an die Readymades von Marcel Duchamp. In der Ausstellung zu sehen ist auch ein Videointerview mit Meisterdrucker Mike Karstens, der von 2000 bis 2009 eng mit Polke zusammengearbeitet hat.

Sigmar Polke - Das kann doch kein Motiv sein. Das gesamte Editionswerk aus der Sammlung Kunstraum am Limes, bis 5.9.21, Internet: www.depont.nl

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