ART COLOGNE 2022

Veröffentlicht in: LUXEMBURGER WORT, 17.11.22
Die Wasserwellen an der Wand der Messekoje von Commeter wirken mit Abstand wie Fotografien. „Das täuscht“, sagt Galerie-Inhaberin Carola Persiehl und erklärt im Folgenden die Arbeit des von ihr vertretenden Künstlers Jochen Hein (1960): „Es handelt sich tatsächlich um Malerei. Erst `schmeißt´ er die Farbe auf die Leinwand, bis sie runtertrieft. Dann zieht er sie mit einem trockenen Quastenpinsel über die Leinwand nach“. Für 21.000 Euro ist das exquisite, einer Fotografie täuschend ähnliche Gemälde mit dem Titel „Reflexion“, zu haben. Die Hamburger Galerie ist eine von 190 auf der diesjährigen Art Cologne. Noch bis Sonntag präsentiert die 55. Ausgabe des Kunstmesse-Urgesteins ein breites Angebot unterschiedlicher Epochen aus 26 Ländern. In den Sektionen „Zeitgenössische Kunst“, „Klassische Moderne“ und „Nachkriegskunst“ auf Ebene 11.1 tragen viele Schwergewichte zur Hochwertigkeit der Messe bei. Darunter Thaddaeus Ropac, Karsten Greve, Hans Mayer, Beckers & Kornfeld, Michael Werner und Sprüth Magers. Letztere Galerie stellt mit Inhaberin Monika Sprüth auch die diesjährige Art Cologne-Preisträgerin. Damit wird eine Frau geehrt, die schon früh Künstlerinnen in ihr Programm aufgenommen hat, wie Rosemarie Trockel oder Bridget Riley. Die Sprüth-Galerie wurde 1983 in Köln gegründet, zur Blütezeit der Art Cologne, die damals, umgeben von großen Museen, Galerien und Sammlern, herausragend war als Zentrum zeitgenössischer Kunstentwicklung – auf Augenhöhe mit New York. Im Lauf der Jahrzehnte sind andere namhafte Messen wie die Art Basel Miami, die TEFAF Maastricht oder die Frieze New York hinzugekommen, sodass sich der Kunstmarkt mittlerweile auf viele Standorte weltweit verteilt.




Vom Charme der Luxemburger Messe
Auch Luxemburg hat seit acht Jahren eine eigene Kunstmesse, die gerade erst vergangenen Sonntag ihre Pforten geschlossen hat. Mit mehr als 20.000 Besuchern in dreieinhalb Tagen verzeichnete die Luxembourg Art Week 2022 ein Plus von fast 30 Prozent. Kristian Jarmuschek, Ausrichter der Positions Berlin Art Fair und mit seiner Berliner Galerie sowohl in Köln als auch in Luxemburg vertreten, schwärmt in höchsten Tönen: „Ich bin ein großer Fan der Luxembourg Art Week. Deshalb kommen wir auch jedes Jahr. Nicht nur, was Alex Reding und sein Team dort leisten ist toll. Es ist alles gut organisiert. Wenn man etwas will, passiert es just in time. … Sie merken, dass die Messe in der Stadt gewollt ist. Man sieht das an den Plakaten, den Bannern und daran, was alles möglich gemacht wird. Man fühlt sich sehr geehrt, auf der Art Luxemburg teilzunehmen. Und das finde ich, spricht für die Stadt und die Messe“. Ein besonderes Highlight sei das Dinner, das auf den Gängen, zwischen den einzelnen Galerien an schön gedeckten Tischen serviert werde und es ermögliche, andere Galeristen und auch Sammler kennenzulernen. „Ich finde das Format großartig“. Auch habe es sich „total gelohnt“, wie Jarmuschek weiter ausführt. „Wir haben mit Helena Hafermann eine junge Künstlerin präsentiert, mit der wir jetzt beginnen und da haben viele extrem positiv drauf reagiert. Die Besucherzahlen, fand ich, waren sehr gut. Wir hatten immer was zu tun auf der Messe.“ Selbst die Großherzogin und der Ministerpräsident seien da gewesen. „Wenn man das auf deutsche Verhältnisse bringt, merkt man sehr stark, dass sich von Luxemburger Seite alle bemühen, dieser Messe ein Format zu geben, das internationalem Standard entspricht“.

Viele der teilnehmenden Galeristen in Luxemburg sind jetzt auch auf der Art Cologne vertreten. Alex Reding allerdings ist dieses Jahr nicht mit von der Partie, womöglich weil er mit der von ihm gegründeten Messe vor der eigenen Haustür gerade genug um die Ohren hatte. Auch keine andere Luxemburger Galerie hat die Reise an den Rhein angetreten. Dafür bilden acht belgische und sieben niederländische Galerien einen wichtigen Ausstellungsschwerpunkt, was von der Messegesellschaft als „ein Beleg für die enge Kunstverbindung zwischen dem Rheinland, Belgien und den Niederlanden“ gewertet wird.
Neue Sektionen
Unter dem Namen „Art + Object“ ersetzt ein neu konzipiertes Sonderprogramm die „Cologne Fine Art & Design“. Nach Angaben des Veranstalters war die Neuordnung aufgrund der veränderten Dynamik auf dem Kunstmarkt nötig geworden. Will heißen: Die Resonanz auf die Cologne Fine Art & Design war schon seit Jahren rückläufig. Art + Object greift nun Strömungen, Epochen und Disziplinen auf, die bisher nicht auf der Art Cologne zu sehen waren, und setzt sie in Verbindung mit der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Im Fokus der durch 20 Händler und Galerien präsentierten Art-Gegenstände stehen Design, Objekte aus der Antike, Alte Meister und außereuropäische Kunst.
Zu finden ist die neue Sektion, die auch eine Sonderschau mit textilen Kunstwerken von Sofie Dawos beinhaltet in Halle 11.1, umgeben von der zeitgenössischen Kunst. Neu sei außerdem, so Art Cologne-Chef Daniel Hug während der Presse-Präsentation, dass man die „Mega-Galerien“ vom Eingang weggeholt habe, um auch anderen Galerien eine Chance zu geben. „Ich nenne es „Demokratisierung“, so Hug. „Ziel ist es, dass junge und mittlere Galerien, die für Überraschungen sorgen, besser wahrgenommen werden“.

Ein weiteres Novum ist die Sektion „Sculpture Cologne“. Elf großformatige Skulpturen geben darin Einblick in das Schaffen von so unterschiedlichen Künstlern wie Max Ernst (Die Galerie, Frankfurt), Regine Schumann (Taguchi Fine Art, Tokio) oder Alex Calder (Samuelis Baumgarte Galerie, Bielefeld). Neben den Klassikern befinden sich auch zwei aktuelle Werke aus der Ukraine darunter: „Max Army Series“ von Lesia Khomenko aus dem Jahr 2022 sowie „Difficulties of Profanation II“, 2015-2022 von Nikita Kadan. Damit schlägt Sculpture Cologne den Bogen zur aktuellen Skulpturenschau in der alten Opelwerkstatt an der Kölner Oskar-Jäger-Straße (Ehrenfeld), die noch bis zum 14. Dezember zu sehen ist. Unter dem Namen „Worth Fighting For“ tritt sie in den Dialog zwischen ukrainischen und internationalen Künstlern vor dem Hintergrund des russischen Krieges in der Ukraine.
Art Cologne, bis 20.11.22, gut mit dem Zug erreichbar (bis Haltestation Köln Messe-Deutz). Tickets online unter: www.artcologne.de, Infos zur Ausstellung in Ehrenfeld unter: www.worthfightingfor.de